Vom klassischen Segel über die Dampfschifffahrt bis zum Dieselmotor: Die maritime Industrie hat sich stets neu erfunden. Doch noch nie war der Wandel so rasant wie heute. „Die Dekarbonisierung bietet der Branche die historische Chance, bei den globalen Bemühungen gegen den Klimawandel eine Vorreiterrolle zu übernehmen. Sie ist ein unvergleichlicher Innovationstreiber“, sagt Claus Ulrich Selbach, Geschäftsbereichsleiter Maritime und Technologiemessen bei der Hamburg Messe und Congress. Auf der SMM zeigen Unternehmen vom 3. bis 6. September eindrucksvoll, wie innovative Lösungen Effizienz steigern, Emissionen reduzieren und die Sicherheit auf See verbessern. „Mit neuen Formaten und Ausstellungsbereichen wie der Future Fuels Area möchten wir die Innovationskraft unserer Branche weiter vorantreiben und die SMM als zentrale Plattform für nachhaltige maritime Technologien etablieren,“ sagt SMM-Direktor Christoph Lücke.
Future Fuels: Keine Option, ein Muss
In der neuen Future Fuels Area präsentiert etwa der preisgekrönte französische Entwickler von wasserstoffbasierten Energiesystemen Genevos sein frisch zertifiziertes 250 kW H2-Brennstoffzellen-Energiemodul (HPM-250) für den maritimen Einsatz. „Unsere modulare Plug-and-Play-Lösung bietet hohe Skalierbarkeit und Redundanz. Dabei arbeitet sie ohne Vibrationen, reduziert die Wartungsanforderungen und erfüllt die Null-Emissions-Vorgaben“, sagt Phil Sharp, CTO und Mitbegründer von Genevos.
Der norwegische Hersteller Bergen Engines schickt eine neue Motorengeneration ins Rennen. „Das marktreife Angebot eines Motors für 25 Prozent Wasserstoffbeimischung ist ein Beweis für unser Engagement, saubere und effiziente Energielösungen anzubieten. Wir sind stolz darauf, unseren Kunden Motoren anbieten zu können, die nicht nur ihre Leistungsanforderungen erfüllen, sondern auch zu einer grüneren Zukunft für unsere Branche beitragen“, sagt Jon Erik Røv, Managing Director von Bergen Engines. Insgesamt sind rund 20 Unternehmen in der Future Fuels Area vertreten: SMM | Future Fuels Area - SMM (smm-hamburg.de)
Refitting: Upgrade für die Bestandsflotte
Die Nachfrage nach umweltfreundlichen und energieeffizienten Schiffen nimmt stetig zu – und auch das Thema Refitting der Bestandsflotte ist für Reeder ein großes Thema. Es biete für Werften und Komponentenhersteller große Wachstumschancen. Eine spannende Nachrüstungsoption sind etwa die „eSails“ des spanischen Start-ups Bound4Blue. „Unsere Lösung ermöglicht es Schiffseignern und Schiffsbetreibern, ihren ökologischen Fußabdruck zu verringern und gleichzeitig die Treibstoffkosten zu senken. Denn ‘gut für den Planeten’ kann auch ‘gut fürs Geschäft’ bedeuten“, sagt Mitbegründerin und COO Cristina Aleixendri. Bis zu zehn Prozent Treibstoff lassen sich laut Bound4Blue mit der Windunterstützung einsparen.
Mutter aller auf windkraftbasierten Hilfsaggregate ist der Flettner-Rotor. Das finnische Unternehmen Norsepower hat eine radikal modernisierte Version der vor 100 Jahren in Deutschland erfundenen Technologie auf den Markt gebracht. „Mit Hightech-Materialien und ausgeklügelter Automatisierung sind unsere ‚Norsepower Rotor Sails‘ zu einer Schlüsseltechnologie für die Dekarbonisierung der globalen Schifffahrt geworden, die sich durch Effektivität und Zuverlässigkeit auszeichnet“, sagt CEO Heikki Pöntynen. Im ersten Betriebsjahr haben die Rotorsegel auf der „Maersk Pelican“ beispielsweise den Treibstoffverbrauch um 8,2 Prozent reduziert.
Digitalisierung: Auf dem Weg zur autonomen Schifffahrt
Die Integration digitaler Technologien ist das zweite große Thema in der maritimen Industrie. Das Tempo, in dem hier Innovationen vorangetrieben werden, ist rasant. „Von der Automatisierungstechnik für windunterstützten Antrieb bis zur schnellen und fehlerfreien Energiemanagementsteuerung: Wir möchten auf der SMM darüber diskutieren, wie Standardisierung zu mehr Sicherheit und fairem Wettbewerb beiträgt und freuen uns auf das Feedback zu unserer Technologie für autonomes Fahren“, sagt Ronald Epskamp, Maritime Business Unit Manager beim Automatisierungsspezialisten Bachmann electronic.
Um autonome Schifffahrt geht es auch bei Avikus: Die Klassifikationsgesellschaft Korean Register hat kürzlich bestätigt, dass die Software des koreanischen Unternehmens nachweislich Kraftstoff einspart. „Diese Zertifizierung zeigt, dass es möglich ist, mithilfe autonomer Navigationstechnologie aktiv auf die Regulierung von Kohlenstoffemissionen zu reagieren“, sagt Avikus-CEO Lim Do-hyeong. „Autonome Schiffe stellen einen neuen Wendepunkt in der nachhaltigen Entwicklung der Schifffahrtsindustrie dar.“
Künstliche Intelligenz: Lösungen für nachhaltigen Erfolg
Ein Gamechanger ist die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI). Die SMM rückt das Thema daher in diesem Jahr besonders in den Fokus. Das neue AI CENTER widmet sich umfassend den fortschrittlichen KI-Technologien und ihrem Potenzial für maritime Anwendungen. Zahlreiche Unternehmen und Start-ups präsentieren hier ihre Lösungen: von der Optimierung des Treibstoffverbrauchs bis zur Verbesserung der Betriebseffizienz. Mit dabei ist u.a. Bearing AI. Das Unternehmen wurde 2019 im Silicon Valley gegründet. „Unsere Vision ist es, den Übergang der Branche zu umweltfreundlicher Schifffahrt nicht nur zu erleichtern, sondern ihr auch zu ermöglichen, KI zu nutzen, um fundierte Entscheidungen zu treffen, die sowohl kommerzielle als auch Nachhaltigkeitsziele unterstützen“, sagt Kristofer Maanum, Senior Product Leader at Bearing AI. Auf die Software setzen bereits Global Player wie Hapag-Lloyd und K Line.
Deren wirtschaftlicher Erfolg hängt auch von einer gut funktionierenden Logistik in den Häfen ab. Und die will Conbo.ai revolutionieren. Um Staus an Terminals und auf dem gesamten Gelände zu vermeiden, bietet das amerikanisch-israelische Unternehmen ein Verkehrsanalysesystem, das die Leistungsfähigkeit dieser wichtigen Knotenpunkte der globalen Lieferketten signifikant erhöht. „Unsere innovative Lösung liefert verwertbare Erkenntnisse, um Abläufe zu rationalisieren, Kosten zu senken, den Umsatz zu steigern, die Sicherheit zu verbessern und Emissionen zu reduzieren“, sagt Eran Pereg, CEO und Mitgründer des Start-ups. Der Clou: Conbo.ai nutzt bereits vorhandene Kamerasysteme. „Die Implementierungsphase unserer Plattform-Lösung dauert nur wenige Tage“, sagt Pereg.
„Die SMM deckt die Zukunftsthemen der Branche mit einer Vielzahl von richtungsweisenden Innovationen ab. Ich bin überzeugt, dass die SMM 2024 der Transformation der Branche entscheidende Impulse geben wird”, sagt Claus Ulrich Selbach.
Über die SMM
Die Weltleitmesse der maritimen Wirtschaft findet vom 3. bis 6. September 2024 in Hamburg statt. Über 2.000 ausstellende Unternehmen und rund 40.000 Teilnehmende aus mehr als 120 Ländern werden erwartet. Die SMM deckt auf 90.000 m² in zwölf Hallen die komplette Wertschöpfungskette der Branche ab, bringt Führungskräfte aus allen Teilen der Welt zusammen und ist die weltweit wichtigste Plattform für Innovationen und neueste Technologien im maritimen Sektor. Unter dem Leitmotiv „SMM – driving the maritime transition“ stehen auf der 31. SMM die maritime Energiewende und die digitale Transformation besonders im Fokus. Die Messe wird von einem attraktiven Konferenzprogramm sowie vielfältigen Networking-Angeboten flankiert. Die Konferenzen finden erstmals auf offenen Bühnen in den Messehallen statt – kostenfrei und zugänglich für alle.